Geschichte

Die Geschichte Rannungens

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Mit seiner ersten urkundlichen Erwähnung in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Fulda tritt Rannungen am 20. Januar 772 in das Licht der Geschichte ein. Eine Siedlung muss jedoch schon sehr viel früher hier bestanden haben, wie Hünengräberfunde belegen, und sie hat ihren Namen, wie alle -ungen- Orte, in der Zeit der thüringischen Landnahme erhalten. Prof. Bosl spricht aufgrund der großen Zahl von Tradenten von einer „profilierten Rannunger Sippe“ und vermutet in Rannungen „ein Kernland und Ursprungsgebiet des Grabfelds.“

Das zu seiner 1200-Jahrfeier verliehene Gemeindewappen erinnert ebenso an die engen historischen Verbindungen mit Fulda wie das Bonifatius-Patrozinium der 1716 erbauten Pfarrkirche.

Im Laufe der Jahrhunderte kamen verschiedene Adelsgeschlechter zu Besitztümern in Rannungen; die ‘Herren von Rannungen’ mit eigener Burg werden seit dem 12. Jahrhundert erwähnt, deren Nachfolge wohl bis ins 16. Jahrhundert die Freiherrn von Münster angetreten hatten. Allmählich jedoch trat das Hochstift Würzburg die Oberherrschaft in Rannungen an, von der noch das Echterwappen an Kirchturm (1588) und Pfarrhaus (1614) sowie das des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp von Greiffenclau am Oberen Wirtshaus (1665) zeugen.
Zu Echters Zeiten war die Gemeinde gespalten in die „Würzburger Nachbarn“ und die „Edelmännischen“, weshalb es oft Unstimmigkeiten zwischen diesen beiden Herrschaften und den Ortsbürgern der beiden Gemeinden gab. Erst im Jahre 1807 bzw. 1818 wurden diese beiden Gemeindeteile per Gesetz zusammengeschlossen. Doch den „Würzburger Nachbarn“ verblieb ihr Körperschaftswald, den sie bis heute nutzen können, wenn auch mit bestimmten Auflagen.

Rannungen gehörte früher zum Fürstbischöflichen Amt Ebenhausen, übergangsweise zum Landgericht Meinberg/Schweinfurt, später zum Land- bzw. Amtsgericht Münnerstadt und wurde 1862 dem neu gebildeten Landkreis Kissingen zugeteilt. Bei der Gebietsreform 1972 wurde diese Zugehörigkeit festgeschrieben; die Gemeinde konnte ihre Selbständigkeit bewahren, trat aber der Verwaltungsgemeinschaft Maßbach bei. Wirtschaftlich ist Rannungen allerdings seit der Industrialisierung enger mit dem 15 km entfernten Schweinfurter Raum verflochten als mit seiner Kreisstadt Bad Kissingen.

Verkehrsmäßig liegt Rannungen an sehr interessanter Stelle, wenn auch die großen Verkehrsströme den Ort auf seiner Höhenlage (Wasserscheide zwischen Lauer und Werrn!) weithin mieden: 1870 hatten sich die Bauern massiv gegen eine Trassierung der Bahnstrecke Schweinfurt - Meiningen gewehrt, so dass diese Linie schließlich an der nordwestlichen Gemarkungsgrenze entlangführt; die nächst gelegene Bahnstation Rottershausen allerdings wird schon nicht mehr bedient. Demnächst wird die Linienführung der neuen Autobahn A 71 zum Thüringer Wald weite Teile der Gemarkung im Nordwesten des Dorfes verändern. In früher Zeit jedoch hatte einer der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrswege in Europa durch Rannungen geführt, der alte Pilgerweg von Skandinavien nach Rom durch das ‘Rannunger Tal’. Rannungen war Zoll- und Poststation, wo im Oberen Wirtshaus die Pferde gewechselt wurden, ehe die Reise durch den ‘Maigraben’ nach Süden fortgesetzt werden konnte. Die etwa 1780 neu erbaute „Landstraße“ (heute B 19) lenkte diese Verkehrsströme dann westlich an Rannungen vorbei, eine gewisse Beschaulichkeit auf den Straßen währte aber nur so lange, bis die Massen-Motorisierung unserer Zeit einsetzte.

Als Pfarrei wird Rannungen erstmals im Jahre 1187 erwähnt, zu der bis vor wenigen Jahren auch die Filialen Pfändhausen und Rottershausen gehörten; diese wurden von einem im Rannunger Pfarrhaus ansässigen Kaplan betreut. 13 Priester sind nachweislich aus Rannungen hervorgegangen und haben in der Seelsorge, vor allem des eigenen Bistums Würzburg, gewirkt; dazu kommen mehr als 40 Schwestern und fünf Ordensbrüder aus Rannungen, die im Dienste der Kirche stehen bzw. standen.

Unter den jungen Leuten, die immer wieder ihr Heimatdorf verließen, um anderswo ihr Glück zu machen, sind 48 Personen zu nennen, die von 1820 - 1902 auswanderten, meist nach Nordamerika. Einer von ihnen, Philipp Wilhelm Erhard aus Haus Nr. 75, zog nach Fürth in Bayern, verheiratete sich dort, und sein Sohn Ludwig Erhard wurde schließlich Wirtschaftsminister der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland und als Nachfolger Adenauers deren zweiter Bundeskanzler; als „Vater der DM und des Deutschen Wirtschaftswunders“ ist er in die Geschichte eingegangen.
Auch Frau Zita Zehner ist hier zu erwähnen als Politikerin der Ersten Stunde nach dem Krieg, die im Stadtrat von München sowie als Abgeordnete des Bayerischen Landtags von 1946 bis 1970 eine segensreiche Tätigkeit entfaltete.

Von den allgemeinen Zeitläuften blieb Rannungen natürlich nie verschont; vor allem die beiden Weltkriege forderten das Leben vieler junger Mitbürger: Waren es 36 Gefallene von 1914 - 1918, so sind unter den ca. 220 Kriegsteilnehmern von 1919 - 1945 45 Gefallene und 36 als Vermißte zu beklagen. Somit stellt das St. Bonifatius-Kriegerdenkmal in der Ortsmitte eine unübersehbare Mahnung zum Frieden dar: Möge dieser Friede gesichert werden und uns sowie den kommenden Generationen erhalten bleiben!